Professionalisierung des Personals gefordert – Studiengänge ausbauen – 27.02. 16:28 Uhr
München – Deutschlands Kindergärten sollen Kinder nicht nur betreuen, sondern bilden. Doch bei der frühkindlichen Bildung hapert es, kritisiert der Aktionsrat Bildung. Fazit des neuen Jahresgutachtens: Das Personal ist selbst zu wenig gebildet, um die Qualität zu gewährleisten. Und meist nicht gut bezahlt.
Deutschlands Kindergärten sind nach Einschätzung des Aktionsrats Bildung pädagogisch nur mittelmäßig. Die Wissenschaftler mahnen deswegen in ihrem neuen Jahresgutachten dringend eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern an, um die Ausbildung des Personals zu verbessern – und es besser zu bezahlen als bisher. Der Aktionsrat Bildung ist ein Gremium renommierter Bildungsforscher, das von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) 2005 gegründet wurde. „Wir brauchen mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung“, forderte vbw-Präsident Randolf Rodenstock.
Bis 2020 sollte nach Ansicht des Aktionsrates an jeder Kindertageseinrichtung mindestens eine Fachkraft mit Hochschulstudium tätig sein. „Dazu müssten die bestehenden Ausbildungskapazitäten verdoppelt bis verdreifacht werden“, heißt es in dem Gutachten, das an diesem Dienstag veröffentlicht werden soll. Außerdem solle die Bezahlung studierter Frühpädagogen auf das Niveau vergleichbarer Studienabschlüsse angehoben werden. Der Hintergrund: Ausgebildete Erzieherinnen verdienen je nach Arbeitgeber und Bundesland oft wenig mehr als 2000 Euro im Monat.
Mehr Aus- und Weiterbildung
Der gegenwärtige Ausbau der Kinderbetreuung müsste mit Maßnahmen „zur Sicherstellung und Verbesserung der Qualität“ begleitet werden, verlangen die Bildungsforscher. Die pädagogische Förderqualität sei gegenwärtig „häufig nur mittelmäßig“. Deswegen schlägt der Aktionsrat ein bundesweites Programm zur „Professionalisierung“ des Fachpersonals vor: Familien- und Kultusministerkonferenz sollten schon in diesem und im nächsten Jahr ein gemeinsames Gesamtkonzept zur Aus-, Weiter und Fortbildung entwickeln. Unter anderem soll Fort- und Weiterbildung zur Pflicht für das Personal werden. Der Aktionsrat plädiert außerdem dafür, die Hochschulstudiengänge im Bereich Frühpädagogik deutschlandweit zu vereinheitlichen.
Für bereits im Beruf tätige Erzieherinnen und Erzieher sollten berufsbegleitende Studiengänge ausgebaut werden. Die Wissenschaftler schlagen außerdem vor, schon ab dem Jahr 2017 auf die Neuanstellung niedriger qualifizierter Kinderpflegerinnen und Sozialassistentinnen in Kindergärten und Kindertagesstätten zu verzichten. An den Hochschulen müssen nach Ansicht des Aktionsrats dringend neue Professorenstellen für Frühpädagogik geschaffen werden. Gebraucht werde ein „Quantensprung“ in der Qualifizierung des Personals. „Die öffentlichen Ausgaben sind in den frühen Bildungsbereichen in Deutschland zu gering. So investieren z.B. England, Italien und USA bis zu 30 Prozent mehr in der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen.“ Speziell mit Bezug auf Bayern kritisierte Rodenstock, dass der Anteil der vergleichsweise niedrig ausgebildeten Kinderpflegerinnen am Personal mit 37 Prozent höher sei als in jedem anderen Bundesland.
Bessere Bezahlung
Die Landtags-Grünen fühlen sich durch das Gutachten bestärkt: „Vorrang muss die Verbesserung der Qualität haben“, sagte die Sozialpolitikerin Renate Ackermann. „Die Weichen für die Entwicklung eines Kindes werden in den ersten sieben Lebensjahren gestellt – und ausgerechnet in diesem Bereich wird am wenigsten investiert.“ Die niedrige Bezahlung werde es in den kommenden Jahren sehr schwer machen werde, überhaupt noch qualifiziertes Personal zu finden. Die Anhebung der Ausbildung auf ein akademisches Niveau werde auch das Ansehen des Erzieher-Berufs erhöhen und zu besserer Bezahlung führen, sagte Ackermann.
Quelle: nordbayern.de – http://www.nordbayern.de/ressorts/schlagzeilenseite/aktionsrat-deutsche-kindergarten-bilden-zu-wenig-1.1880611