In Absprache mit dem Land Tirol schließt die Geschäftsführung ein privates Jugendheim, in dem es in den 1990er-Jahren zu sexuellen Übergriffen gekommen sein soll.
Innsbruck – „Das Land Tirol nimmt die Vorwürfe gegen eine private Innsbrucker Betreuungseinrichtungen, in der es in den frühen 90-er Jahren zu sexuellen Übergriffen des Heimleiters gekommen sein soll, sehr ernst. Die betroffene Einrichtung wird ihre Pforten schließen.“ Mit diesen Worten zieht Soziallandesrat Gerhard Reheis Konsequenzen. Die Einrichtung beherbergte zuletzt sieben Kinder. In Absprache mit dem Land Tirol hat die Geschäftsführung des Heims daher die Schließung veranlasst.
Für die Kinder suche die Jugendwohlfahrt neue Plätze, hieß es in einer Aussendung des Landes. Im Interesse der Kinder und Jugendlichen werde in den nächsten Monaten von der Jugendwohlfahrt versucht, möglichst gute individuelle Lösungen für jedes Kind zu finden, kündigte der Soziallandesrat an.
Urlaub beim Verdächtigen
Offenbar hat sich die Verdachtslage rund um die Vorfälle im Heim erhärtet.
Als im Jahr 1996 ein damals 19-Jähriger Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen den damaligen Leiter der Einrichtung erhoben hat, hat das Land Tirol Strafanzeige erstattet. Das Verfahren wurde allerdings von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Der damalige Leiter wurde suspendiert. Doch er unterhielt weiter Kontakt mit dem Heim und der neuen Heimleiterin und war regelmäßig zu Gast.
„Nachdem die Staatsanwaltschaft den Fall zurückgelegt hat, hätten wir den Kontakt zwischen ihm und der neuen Heimleiterin nicht verbieten können. Jeder Erwachsene kann und darf Kontakt haben, mit wem er will“, erklärte dazu die Leiterin der Jugendwohlfahrt, Silvia Rass-Schell. Bekannt wurde auch, dass die neue Heimleiterin zwischen 2001 und 2010 mit den Heimkindern die Sommerferien beim Ex-Heimleiter in Ungarn verbracht hat.
Weitere Opfer
Nunmehr haben sich zwei weitere mutmaßliche Opfer gemeldet, die von Übergriffen in den 1990er-Jahren berichten.
„In der Folge ist man mit der Heimleitung übereingekommen, die Einrichtung zu schließen. Die Heimleitung wird sich auch um Beratung und Begleitung der Kinder und Jugendlichen durch Fachexperten des Kinderschutzes bemühen. Als Aufsichtsbehörde können wir nur punktuelle Kontrollen der Einrichtungen vornehmen und müssen uns darauf verlassen können, dass die Kinder und Jugendlichen dort sicher und absolut keinen Übergriffen ausgesetzt sind,“ schildert Silvia Rass-Schell, Leiterin der Jugendwohlfahrt, die Konsequenzen. (tt.com)
Tiroler Tageszeitung, Onlineausgabe vom Mo, 25.07.2011 12:10
aktualisiert: Mo, 25.07.2011 14:16
Quelle: Tiroler Tageszeitung – http://www.tt.com/csp/cms/sites/tt/Überblick/Chronik/ChronikInnsbruck/3105486-6/nach-missbrauchsvorwürfen-wurde-kinderheim-geschlossen.csp
Im folgenden finden Sie die Postings eines Lesers:
donervino
25.07.2011 | 23:25
Gestern noch eine „Vorzeigeeinrichtung“, heute „in Absprache mit dem Land“ geschlossen ….
In ihrer eigenen Presseaussendung
http://www.pressetext.com/news/20110725007
wirkt Johanna Heis, die Leiterin des „Pflegenest Kranebitten“ nicht wirklich einsichtig.
Allein für diese Presseaussendung sollte sie umgehend von allen Aufgaben entbunden und die Einrichtung bis zur endgültigen Schließung von fachkundigem Personal geführt werden. Dies läge allerdings auch in der Verantwortung der Jugendwohlfahrt; das ist schlimm genug …
Immerhin scheint der zuständige Landesrat Reheis spät aber doch aus seinem Winterschlaf erwacht zu sein. „Geweckt“ wäre wohl zutreffender; immerhin bedurfte es einer geballten mehrwöchigen Berichterstattung der heimischen Medien, um die Mauer des Schweigens zum Einsturz zu bringen.
Auch die unreflektierte Forderung des Landesrates nach einer „Abschaffung der Verjährung bei Missbrauch“ spricht nicht unbedingt für seine fachliche Kompetenz.
Im gegenständlichen Fall – wie auch in vielen vergleichbaren Fällen aus dem Bereich der Heimerziehung – besteht das eigentliche Problem ja nicht in der Verjährung der Tat – diese kann ja nur eintreten, wenn vertuscht, verdrängt oder die Aufsichtspflicht durch die Jugendwohlfahrtsträger auf eine Art und Weise (nicht) ausgeübt wird, dass eher von Arbeitsverweigerung gesprochen werden muss.
donervino
26.07.2011 | 00:06
Ein Blick in die Tiroler Tageszeitung
(Onlineausgabe vom Do, 11.03.2010 10:42, aktualisiert: Mo, 23.08.2010 11:09 )
hätte dem Herrn Landesrat erheblichen Erkenntnisgewinn vermittelt:
http://www.tt.com/csp/cms/sites/tt/Nachrichten/413716-6/schützt-das-gesetz-opfer-sexuellen-missbrauchs-ausreichend.csp
Wer nicht hören will, sollte zumindest lesen – oder seinen Büroleiter um die Zeitung schicken ….
Quelle: Tiroler Tageszeitung –