Unter den Augen seiner Mitarbeiter ist die elfjährige Chantal in Hamburg an einer Methadon-Überdosis gestorben. Nun ist Bezirksamtsleiter Markus Schreiber zurückgetreten. Bürgermeister Olaf Scholz kündigte weitere Konsequenzen an.
Hamburg – Mehr als drei Wochen nach dem Methadon-Tod der elfjährigen Chantal ist Bezirksamtschef Markus Schreiber zurückgetreten. „Der entsetzliche Tod eines elfjährigen Mädchens unter den Augen meines Jugendamtes, meines Bezirksamtes, belastet mich so stark, dass ich nicht weiter Bezirksamtsleiter sein will“, sagte der SPD-Politiker am Freitag im Hamburger Rathaus.
Nach einem ausführlichen Gespräch mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) habe er darum gebeten, dass der Senat ihn mit Ablauf des Freitags als Bezirksamtsleiter abberuft. Bürgermeister Scholz dankte Schreiber für seine Arbeit, kündigte aber weitere Konsequenzen aus dem Fall an.
Die vom Jugendamt in Schreibers Bezirk Mitte betreute elfjährige Chantal war am 16. Januar im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg an einer Überdosis Methadon gestorben. Das Mädchen lebte bei Pflegeeltern, die beide an einem Methadon-Programm teilnahmen. Ermittler fanden in der Garage der Pflegeeltern und am Arbeitsplatz des Pflegevaters Methadon-Tabletten. In der Wohnung der Pflegefamilie soll es recht chaotisch zugegangen sein, Chantal hatte nicht einmal ein eigenes Bett. Das zuständige Jugendamt will jedoch keine Hinweise über den Drogenkonsum der Pflegeeltern gehabt haben.
Die gesamte Opposition hatte Schreibers Ablösung verlangt und auch parteiintern hatte der Druck auf ihn zugenommen. Er sei seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Der 51-Jährige selbst hatte in den vergangenen Wochen immer wieder betont, er persönlich habe keine Fehler gemacht.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Pflegeeltern, deren 27-jährige Tochter und Chantals leiblichen Vater wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Außerdem gibt es Ermittlungen gegen das Jugendamt und den freien Träger Verbund Sozialtherapeutischer Einrichtungen (VSE), weil sie ihre Fürsorgepflicht verletzt haben sollen.
ulz/siu/dpa
Quelle: Spiegel – http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,814424,00.html