11.05.2012 – Standard – Die politische Linke als Emanzipationsbremse

Wie sinnvoll ist die geltende Obsorge-Regelung, und was ist an der anhaltenden Diskriminierung unehelicher Väter „fortschrittlich“?

Was verbindet politisch Linke mit Missständen wie Lohnschere, Armutsfalle für Alleinerziehende und Menschenrechtsverletzungen? Der unermüdliche Kampf dafür, eben diese Missstände endlich zu beseitigen und zwar vorbehaltlos? So stellt es sich zumindest das redliche linke Herz vor. Überprüfen wir diese Annahme.

Seit 3. Mai befindet sich der Grünpolitiker Samir Kesetovic im Hungerstreik. Warum? Er kämpft seit sechs Jahren darum, sein Kind wiederzusehen. Wen kümmert es? Eine Bezirkszeitung und eine Trashzeitung, die vorgibt, „wir“ zu sein.

Ein Vergleich: Eine Mutter entführt ihr Kind widerrechtlich von Dänemark nach Österreich, einer anderen Mutter (und Doppelmörderin) wird das Kind nach der Geburt entzogen. Beide Fälle werden zum nationalen Ereignis. Vom Boulevard bis hin zum seriösen Club 2-Talk diskutiert ganz Österreich darüber, ob so etwas denn sein darf und ob eine Schwerverbrecherin nicht doch die Obsorge haben und eventuell sogar mit dem Kind in Doppelresidenz leben können soll. Müttern ist das Mitleid der Mehrheit sicher und sogar die Liga der Menschenrechte springt für sie in die Bresche.

Fazit: Wird einer Mutter das Kind entzogen, ist das von größter nationaler Bedeutung. Wird einem Vater das Kind entzogen, interessiert dass auch nach Jahren kaum jemanden. So weit so beschämend. Aber was hat das ganze mit den eingangs zitierten Anliegen von Menschen zu tun, die sich im politischen Meinungsspektrum als Linke definieren??

Österreich wurde 2011 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt, uneheliche Väter zu diskriminieren. Warum? Väter unehelicher Kinder haben kein Recht darauf, dass ihr Antrag auf die Obsorge beider Eltern auch nur einer Überprüfung unterzogen wird, wenn sich die Mutter gegen diesen Antrag ausspricht. Sie muss dafür keine Begründung abgeben. Es genügt, einfach nicht zu Gericht zu gehen.

Österreich, durch das Urteil des EGMR genötigt, das Recht an international gültige Menschenrechte anzugleichen, zögert und leistet Widerstand. Wer? Vorrangig die Linke, vertreten durch SPÖ-Frauen (Heinisch-Hossek, Helene Klaar) und den Grünen. Frauen würden durch ein Antragsrecht nur von Vätern unter Druck gesetzt, erpresst und um die Alimente betrogen. Außerdem würden durch die gemeinsame Obsorge gegen den Willen der Mutter lediglich Konflikte und Gewalt prolongiert. So die Begründungen.

Dass Mütter in vielen Fällen die Kinder als Machtmittel missbrauchen, sie den Vätern vorenthalten und damit das Recht beider auf Kontakt zueinander missachten, wird kaum als relevantes Thema wahrgenommen. Dementsprechend wird die Aktion von Knesevic auch nicht als gesellschaftliches, sondern lediglich als ein persönliches Problem begriffen.

Solange aber ebendiese gesellschaftspolitische Dimension nicht begriffen wird, wird sich an den vorherrschenden Rollen auch nichts ändern. In ihrer Bedeutung dem Kind gegenüber vorbehaltlos verteidigt und in rechtlicher Hinsicht über das Gesetz gestellt, bleiben aber Mütter in ebendieser Rolle unersetzlich.

Solange diese Paradigmen gelten, werden Frauen primär Kinderkarenz in Anspruch nehmen, Teilzeit arbeiten, bei Karriere und Lohn Abstriche machen müssen, werden weiterhin über Lohnscheren klagen, von Karrierevätern und Staat abhängig bleiben, ihr Stückchen Macht weiterhin über die Kinder ausspielen und werden Väter weiterhin jahrelang um ihr Kind kämpfen müssen, ohne dass einer erkennt, dass ein Vater sein Kind ebenso sehr liebt und für dessen Wohlergehen ebenso wichtig ist wie die Mutter.

Das Problem von Vätern, denen das Kind entzogen wird, auf das der Nachscheidung zu reduzieren ist einäugig. Die vorherrschende Situation ist eine Botschaft an alle Männer. „Du bist nicht wirklich von Bedeutung fürs Kind!“ So lange Männer diese Botschaft bekommen, werden sie auch weiterhin dem Kind gegenüber die zweite Geige spielen.

Die politisch Linke trägt zu diesem unhaltbaren Zustand wesentlich bei und arbeitet solcherart nicht nur der Emanzipation der Frau sondern auch der des Mannes entgegen. (Anton Pototschnig, DER STANDARD, 12.5.2012)

Autor

Anton Pototschnig ist Sozialarbeiter im Jugendamt, Familiencoach und Obmann des Vereins „Doppelresidenz“; im Juni erscheint sein Buch „Auf Augenhöhe Eltern bleiben – Abschied vom Mythos der Täter-Väter und Opfer-Mütter“.

Quelle: Standard – http://derstandard.at/1336696636482/Anton-Pototschnig-Die-politische-Linke-als-Emanzipationsbremse

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